Mit dem Dialog auf Augenhöhe hab ich kein Problem. Als moderner Künstler spreche ich immer wieder mit Katholiken über meine Arbeit – sei’s am Institut Philipp Neri beim Freitagsoratorium bei Wein und Brot, sei’s mit katholischen Freunden in der Kneipe beim Bier, sei’s im Internet mit katholischen Bloggerkollegen und Kommentatoren. Alles Katholiken konservativen Zuschnitts – und klar, es gibt immer einige, mit denen man nicht sinnvoll über Kunst sprechen kann, andere, mit denen die Diskussion früher oder später an ihre Grenzen stößt, und einige eben, mit denen man sich brilliant und inspirierend austauschen kann. Das ist normal. Oft sind meine Gesprächspartner anderer Meinung als ich, aber niemals habe ich mich so wenig ernstgenommen gefühlt wie heute abend bei einer ausgewiesenen Dialog-Veranstaltung, die aktuell in Berlin stattfindet und sich “Vorhof der Völker” nennt.
Dass ich überhaupt dabeiwar, war reiner Zufall. Es hatte nichts damit zu tun, dass ich katholisch bin. Man suchte nicht nach katholischen Künstlern, auch nicht nach Künstlern mit Interesse am Katholizismus, sondern einfach nur nach Künstlern. Klar, bin ich auch. So behielt ich meine religiöse Orientierung für mich und wurde eingeladen.
Heute abend die Generalprobe. Der Dialog auf Augenhöhe funktionierte prächtig. Bereits nach einer halben Stunde standen meine Kollegen und ich auf und verließen demonstrativ den Saal. Glückwunsch, Ihr Dialogisierer.
Als Parodie auf Asterix’ und Obelix’ Suche nach dem Passierschein A38 wäre das Event allerdings ein voller Erfolg gewesen. Nach einer halbstündigen Odyssee erfolglosen Rumfragens nach Veranstaltungsablauf, Aufführungsmodalitäten und Tondokumentation glich unsere Laune jedenfalls der unserer gallischen Freunde. Niemand wusste bescheid, niemand interessierte sich, wir Künstler fanden uns als pittoreske Farbtupfer in einer großen kirchlichen Selbstfeier ad usum journalisti wieder. “Eine kommische Verranstaltung” raunte mir mein spanischer Kollege zu, “ich glaube, es gett nicht um Musikk!” – “Lauf halt einfach mit”, meinte unterdessen schnodderig einer der Organisatoren, “dann wirste schon sehen, wo sie dein Lied spielen!” – “Mein Lied”? Das hab ich, glaube ich, zum letzten Mal in der 7. Klasse Gymnasium gehört, damals rief mir Joschi, ein Lauser aus der 6., nach dem Konzert zu: “Boah ey, hast du das Lied echt selber gemacht??” – In diesem Moment sprach mein serbischer Kollege mit seiner gelassen-melancholischen Stimme die entscheidenden Worte: “Gehen wir.”
Vor der Tür fanden wir das Eingangstor des Museums vergittert. Drinnen setzte sich gerade die Prozession aus “Glaubenden und Nichtglaubenden” in Bewegung. “Oh”, grinste der Spanier, am Gitter ruckelnd: “Wir müssen glauben!”
Das war leider der beste Satz des Abends.