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Träumender Kermani

Der Schriftsteller Navid Kermani, den Lesern vielleicht noch bekannt als Mosebach-Laudator beim Büchnerpreis 2007 und Kardinal-Lehmann-Intimfeind beim Hessischen Kulturpreis 2009, hat vor ein paar Tagen der Zeit ein Interview gegeben. Er spricht über seine Wortkargheit, über den Zauber der persischen Sprache – und dann sagt er etwas, was wir allzuoft vergessen: dass nicht diese Erde die eigentliche Realität ist, sondern das Jenseits.

Das Aufwachen, dieses Ankommen in der Wirklichkeit, ist die Erlösung. Und das ist auch das eigentlich Religiöse, die Erkenntnis, dass dieses Leben nur ein Traum ist. (…) Eigentlich ist alle Hoffnung, die wir Menschen seit jeher mit Religion verbinden, das Aufwachendürfen nach dieser Welt. Die Propheten sehen das ganz ähnlich: Wenn wir leben, schlafen wir – und wenn wir sterben, wachen wir auf.

Wie ungewohnt ist dieser Gedanke! Denken wir doch immer, die handfeste Gegenwart sei das Reale, und der Himmel, das sei der Traum, das Ferne, Phantastische und Zauberhafte. Es stimmt beides. Die Erde ist Wirklichkeit und Traum, und der Himmel ist Traum und Wirklichkeit.


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