Der Nachbar des Papstes in Castel Gandolfo hat also auch kein ewiges Leben. Hans Werner Henze ist tot. Der letzte Sinfoniker, der letzte Opernkomponist, der letzte Romantiker, der letzte Komponist deutscher Seele, der letzte Letzte ist von uns gegangen.
Nichts gegen Henze: seine Musik aus den 50er Jahren ist wirklich unterhaltsam und gut gemacht. Reaktionär war sie schon damals, aber angesichts des zu der Zeit totalitär herrschenden Einheits-Serialismus hatte das durchaus anarchische Züge.
Dass Henze ab den 60ern seine reaktionäre Musik mit ultralinkem Engagement zu adeln versuchte, hat einst schon Heinz-Klaus Metzger gerügt:
Die Apo wird sinnvolle Verhältnisse erst gestiftet haben, wenn deutsche Musiker sich nicht mehr weigern, unter einer roten oder auch unter einer schwarzen Fahne aufzutreten, sondern ein Werk Henzes aufzuführen. Und zwar aus streng musikalischen Gründen. Denn für diesen Komponisten gilt leider nicht einmal Tucholskys Bonmot: “Wegen schlechter Witterung fand die deutsche Revolution in der Musik statt.”
Auf deutsch: Henze will mit nichtrevolutionärer Musik Revolution machen. Buh.
Nebenbei wird seine Musik handwerklich immer schlechter. Buhbuh.
Im Laufe der Jahre versöhnt sich Henze – parallel zu seinem sich füllenden Bankkonto – mit dem Kapitalismus und bewohnt eine italienische Villa in bester Gegend. Für seinen Nachbarn hat er allerdings kaum nette Worte übrig. Der Tagesspiegel schreibt:
Ratzinger, findet Henze unvermittelt, während er angewidert seinen Ginseng-Tee trinkt, sei ein richtiger reaktionärer Kathole, „so wie es sich gehört“.
Ist ja die Höhe: Jetzt verdirbt der Papst dem Henze sogar noch den Ginseng-Tee! Ansonsten kann man Henze natürlich verstehen, dass er keinen weiteren Reaktionär am Ort haben will. Der Hahn auf dem Mist mag auch keinen zweiten.
Aber sicherheitshalber hab ich doch mal gegoogelt, wie Ratzinger und Henze so zueinander stehen – und was stellt sich raus? Es tanzen doch dieselben Hennen um dieselben Hähne. Eine Henne heißt Anton Zapf. Hat bei Ratzinger (dem Georg allerdings) studiert und eine Toccata von Henze uraufgeführt (“H. W. Henze: Der letzte Toccatenmeister ist tot”). Der Papst selbst kommt sogar in einem Hörspiel von Henze vor. Die Wikipedia schreibt über “Die Zikaden”:
Schließlich ist da noch die einzige Ausnahme. Der Deutsche Benedikt hat nicht aufgegeben. Die Italiener nennen ihn Benedetto. Nach dem Krieg wurde er von Antonios Vater vor den Streifen versteckt. Seit Jahren schon ist Benedikt der einzige Mitarbeiter in der Redaktion des „Inselboten“…
Mir dämmert, dass es da wohl um einen anderen Benedikt geht. Aber wie, ich hab doch “hans werner henze ratzinger” gegoogelt?? Ja, brav: Google macht mich dezent darauf aufmerksam, wie man den Papst korrekt nennt, und sucht nach “Benedikt”. Ha, das nenn ich Fortschritt! Die Maschine mahnt mich an die Etikette!
Hoch lebe die Zukunft der Reaktion, hoch lebe Benedikt!
Oder, um frei Boulez zu zitieren:
Benedikt lebt!
Die Reaktion ist tot, es lebe die Reaktion!