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Geh Woiferl, de Logn is do a Scheiß…
Bloggerkollegin Pulchra ut luna meldet, dass sich Mozart im Freimaurer-Himmel hocherfreut über das S-C-H-EIS-S-E-Lied gezeigt hat, allerdings der Meinung ist, das ginge gar nicht, ein solches Lied zu schreiben.
Ich muss gestehen: Mozart hat recht. Es geht wirklich nicht. Es geht auch dann nicht, wenn man auf den Trick mit dem “eis” kommt, um dem Mangel an Tönen, die “i” heißen, zu begegnen. Der Grund liegt in der musikalischen Orthographie – also der richtigen Schreibung der Töne.
Wie die werte Leserschaft sicher noch aus ihrer Schulzeit weiß, hat jede Klaviertaste mehrere Namen. Das cis kann man auch des nennen, das f heißt auch eis und das d wird manchmal zum cisis. Welcher Name für einen Ton in einem bestimmten musikalischen Kontext richtig ist, hängt von den harmonischen und melodischen Gegebenheiten ab. Spielt man zum Beispiel ein Stück in Cis-dur, dann heißt der dritte Ton in der Tonleiter eis – und nicht f. Denn der dritte Ton ist eben die Terz über dem Grundton – der Ton f wäre aber bereits die Quart.
In der S-C-H-EIS-S-E-Folge kommen nun drei Varianten (fachsprachlich “Alterationen”) desselben Tons “e” vor: das normale “e”, das erhöhte “eis” und das erniedrigte “es”, das den Buchstaben S repräsentiert. Ich wüsste tatsächlich keinen einzigen tonalen Kontext, in dem alle drei Alterationen innerhalb von sechs Tönen orthographisch korrekt vorkommen könnten! Mindestens einen der drei müsste man zu seinem enharmonischen Äquivalent “f” oder “dis” umschreiben.
Darum muss ich nun gestehen, dass ich auch in meinem eigenen Lied gemogelt habe. Wir befinden uns dort in C-dur, und die ersten fünf Töne der S-C-H-EIS-S-E-Kadenz gehören zur Dominante G-dur – in der Form eines Dominantseptakkords mit hochalterierter Quinte. Das bedeutet, dass man für die Quint korrekterweise dis statt es und für die Sept f statt eis schreiben müsste. Die richtige Orthographie von Scheiße wäre damit: Dischfdise.
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Clik here to view.Damit aber nicht genug: Nicht nur im traditionell-tonalen Kontext gibt es keine orthographisch saubere Möglichkeit für Scheiße, sondern auch in zeitgenössisch-freitonalen Zusammenhängen ist das nicht möglich!
Wo die harmonischen Zwänge der Dur-Moll-Tonalität nicht gelten, gibt es zwar andere, weniger strenge orthographische Regeln. Dennoch ist auch hier schwer vorstellbar, alle drei Alterationen des “e” in eine einzige Floskel zu pressen. Die Orthographie freitonaler Musik richtet sich nämlich hauptsächlich nach der Lesbarkeit. Sprich: Notiere so, dass du mit möglichst wenig Vorzeichen auskommst. Ein “eis” zu notieren ist darum nur in Ausnahmefällen sinnvoll, z.B. hier:Image may be NSFW.
Clik here to view.Aber wenn man schon ein “eis” hat, denn würde man den Ganzton darunter sicherlich als “dis” notieren und nicht als “es” – sonst bräuchte man dauernd neue Vorzeichen. Und wenn man zu allem Überfluss noch ein “e” in derselben Melodie hätte, dann wären noch zusätzliche Auflösungszeichen notwendig – ein Vorzeichen-Tohuwabohu wäre die Folge, das bei den Interpreten für Riesenärger sorgen würde!
Wir stellen also betrübt fest: Die Tonfolge S-C-H-EIS-S-E ist weder in traditioneller noch in zeitgenössischer Musik möglich. Und das ist auch gut so! Ist doch die Musica, wie Luther lehrt, nach der Theologia die vornehmste und gottgefälligste Disziplin menschlicher Betätigung. Gott bewahrt Seine Musik vor der Scheiße! Na, wenn das mal keine Ansage ist!